Fußball-Bundesliga
"Irgendwann will ich wieder dort spielen"
Benny Lauth, ehemaliger Nationalspieler und Teilzeitkraft bei Hannover 96, hat den TSV 1860 München nicht vergessen - und 1860 ihn auch nicht.
Von Sebastian Krass
Er will selbstbewusst klingen. Das gelingt ihm ganz gut, besser als früher. Doch es schwingt auch ein wenig Trotz mit, wenn er über sich und seine Art redet, das will Benjamin Lauth vermutlich nicht. Aber es ist wohl kaum zu vermeiden. Trotz entsteht nämlich im Zustand der Selbstbehauptung, im Widerstand gegen die menschliche Umwelt, weiß das Lexikon. Und Benjamin Lauth befindet sich in einem stetigen Selbstbehauptungskampf gegen die menschliche Umwelt. Es ist immer der gleiche Vorwurf: Dem Lauth fehle für eine große Fußballerkarriere der letzte, der unbedingte Ehrgeiz, der so genannte "Biss".
Lauth verbittet sich das: "Ich bin nun mal anders, ich will nicht immer groß was reden. Das heißt nicht, dass ich keinen Biss oder keinen Bock hätte. Ich bin so groß geworden, wie ich immer war, das kann so falsch nicht gewesen sein." Das ist sie, diese neue Mischung aus Selbstbewusstsein und Trotz, mit der Lauth um seine Position kämpft. "Ich habe meine Angewohnheiten, die nicht immer leicht zu nehmen sind, auch für den Trainer. Aber wer mich so akzeptiert, dem habe ich es gedankt." Wie auch immer: Die Versuche, allein mit Lauths Charakter zu erklären, dass aus seiner Karriere bisher weniger geworden ist, als viele erwartet haben, greifen zu kurz.
Lächeln für die Mädchen
Man hat Lauth in letzter Zeit ein bisschen aus den Augen verloren. 2004, nach dem Abstieg der Löwen, war er zum Hamburger SV gewechselt, als fünfmaliger Nationalspieler für 4,5 Millionen Euro Ablöse. Er war ein Kandidat für die WM 2006, sein Lächeln beglückte unzählige Mädchen und einige Werbestrategen. Als er seine zwei Mittelfußbrüche kuriert hatte, lief es zwischenzeitlich ganz gut. Doch Trainer Thomas Doll verlor das Vertrauen in Lauth, im Januar 2007 wurde er nach Stuttgart ausgeliehen. Aber der VfB, der Meister, war nicht von Lauth überzeugt, und der HSV wollte ihn nicht zurück. Er wechselte zu Hannover 96, für nur noch 1,5 Millionen Euro Ablöse.
Seine Bilanz bisher: Bei insgesamt 13 Einsätzen wurde Lauth zehnmal eingewechselt, dreimal ausgewechselt. Nun hofft er, am Sonntag gegen den FC Bayern zum Zuge zu kommen. "Mein erstes halbes Jahr war nicht so, wie ich mir das vorgestellt habe, auch nicht, wie der Verein sich das vorgestellt hat", gibt Lauth zu. Erst bei der Frage nach den Gründen beginnt er sich zu winden. Sie berührt nämlich seine Identität als Fußballer.
"Ich bin Stürmer, habe immer als Stürmer gespielt", sagt Lauth. Aber selbst in der Spezies Angreifer ist er eine besondere Art. Sein Spiel ist darauf angelegt, in wenigen Szenen zu glänzen, mit seiner enormen Beschleunigung und der ausgezeichneten Technik das entscheidende Tor zu schießen. Dafür braucht er seine Auszeiten auf dem Feld - und er nimmt sie sich. Das ist eine der für Trainer manchmal schwer zu akzeptierenden Eigenheiten, von denen Lauth selbst spricht. Denn im deutschen Fußball wird von allen Spielern verlangt, sich ständig in den Dienst der Mannschaft zu stellen. Lauth aber lebt von seiner Explosivität, nicht von seiner Ausdauer.
Vorteil für den Rackerer
Bei Hannover hat er ein zusätzliches Problem: das taktische Grundschema. Trainer Dieter Hecking lässt nur mit einem Stürmer spielen, mit dem Rackerer Mike Hanke. Viele haben die Akte des 26-Jährigen inzwischen auf die staubige Ablage mit den gescheiterten Talenten gelegt. Es gibt wohl nur einen Verein, in dem er immer noch jederzeit mit offenen Armen empfangen würde: den TSV 1860 München.
Lauth macht keinen Hehl daraus, wie viel ihm der Verein, für den er zehn Jahre gespielt hat, noch bedeutet. Er telefoniert regelmäßig mit Torben Hoffmann und Michael Hofmann, "und auch mit Trainer Marco Kurz habe ich einen guten Draht, noch aus seiner aktiven Zeit". Lauth sagt auch, dass er "irgendwann mal wieder dort spielen" möchte. Irgendwann - ein Wort, das Spielraum lässt.
Einstweilen sind beide Seiten eifrig bemüht, das Thema "Rückkehr des verlorenen Sohnes" klein zu halten. Kurz sagt: "Für uns spielt Benjamin Lauth zum jetzigen Zeitpunkt keine Rolle. Wenn überhaupt, dann muss der Anstoß vom Spieler kommen." Lauths gut dotierter Vertrag läuft noch zweieinhalb Jahre. Er sagt, mit dem Gedanken, in die zweite Liga zu gehen, habe er sich noch nicht befasst. Auch das Beispiel Daniel Bierofka, der vom VfB Stuttgart zu 1860 zurückkehrte und zur Säule der Mannschaft wurde, will Lauth nicht auf sich übertragen - noch nicht.
Er hofft natürlich, dass 1860 den Aufstieg schafft. Das könnte einiges einfacher machen.
(SZ vom 14.02.2008)
Benjamin Lauth, oud-speler van HSV en 1860 München was op weg om de beste aanvaller van zijn generatie te worden toen hij zwaar geblesseerd raakte en later naar Hamburg moest gaan. Hij moest van 1860 München vertrekken omdat de club het geld voor hem (ruim 6 miljoen €) nodig had. Na een half jaar bij Stuttgart en nu bij Hannover denkt hij erover na om toch weer naar 1860 terug te gaan, de club waar hij is opgegroeid en waar de fans hem nog steeds hoog waarderen. Ik hoop in ieder geval dat hij dat doet, misschien wordt hij daar ook weer de oude Benny. Hij is namelijk nog steeds een super voetballer.
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